florescencia

tanznetz.de

Im nächtlichen Garten

Flamencos en route zeigt ihr Jubiläumsprogramm „florescencia"
Vogelschreie hallen durch den schattigen Garten, die stolzen Frauen in ihren langen Kleidern scheinen direkt aus der maurischen Geschichte zu uns herauszutreten. Die Kompanie Flamencos en route feiert derzeit ihr 25-jähriges Bestehen, mit dem Jubiläumsprogramm „florescencia" gastierte sie erst im tanzhaus nrw und nun im Stuttgarter Theaterhaus.
Der Titel des Stücks, zu deutsch "Blütezeit", ist auch eine Hommage an die große Vergangenheit des spanischen Tanzes, der jetzt innerhalb kurzer Zeit zwei seiner großen Stars und weltweit verehrten Pädagogen verloren hat - neben José de Udaeta, der im September starb, wenig später auch seine frühere Tanzpartnerin Susana, die Mitbegründerin von Flamencos en route. Genau wie Brigitta Luisa Merki, die heutige Direktorin der Kompanie, stammte Susana eigentlich aus der Schweiz, wo man traditionell eine besondere Zuneigung zum Flamenco hegt. Ihr und ihrem Mann, dem Komponisten Antonio Robledo, ist die Jubiläumsproduktion gewidmet, "florescencia2 lässt gleichzeitig auch Themen und Motive aus früheren Stücken Revue passieren.
Stilisierte Pflanzenskulpturen und eine brillante Lichtregie, die den imaginären Garten in geheimnisvolle oder fahle Stimmungen taucht, sind neben den fliessenden Kostümen in Naturtönen die einzigen Zutaten zu diesem untypischen Flamenco-Abend ohne rote Rüschenröcke. Natürlich zeigen die verschiedenen Szenen auch die Virtuosität des klassischen Flamencos, mit rasanten Steigerungen und rasend schnellen Schritten oder Drehungen. Aber Brigitta Luisa Merki, die neben dem Tänzer Eloy Aguilar die meisten Tänze choreografiert hat, erzählt in ihren assoziativen Bildern viel lieber von der trockenen Erde, von Müttern mit Kindern im Arm, von weiblichen Miteinander und männlicher Konkurrenz, vom arabischen Einfluss auf das spanische Erbe und vom ewigen Thema des Flamenco, dem Tod. Sie entwickelt die Tradition weiter, fügt den eigentlich sehr formalen Tänzen theatralische und moderne Elemente hinzu, sucht den Bezug zu benachbarten Genres.
Kernstück des Abends ist ein langes, ausdrucksvolles "Dúo de amor" für José Moro und die unglaubliche Karima Nayt, eine Algerierin mit warmer Gesangsstimme und einem modernen, lose fließenden Tanzstil, der zu den strengen Posen des traditionellen Flamenco in faszinierendem Gegensatz steht - genau wie ihre nackten Füße zu seinen harten Absätzen. Der Flamenco lockt mit seinen stolzen, sinnlichen Mitteln, der moderne Tanz antwortet auf seine eckige, widerstrebende, später dahinfließende Weise: es entsteht ein Liebestanz ganz eigentümlicher, entrückter Art.
Wieder eine andere Farbe bringt Raquel Lamadrid mit ihrem stilisierten und eleganten Solo in Spiel, als einsame Zentaurin, halb Frau und halb Pferd. Neben den Sängerinnen Karima Nayt und Rocío Soto (letztere mit der flamenco-typischen rauen Stimme) sorgen zwei Gitarristen und ein Percussionist für die farbenreiche Musikbegleitung der sechs fabelhaften, der Persönlichkeit nach so unterschiedlichen Tänzer. Bei der Premiere im Theaterhaus wurde einmalig eine halbstündige Filmdokumentation über Susana und Antonio Robledo gezeigt, gedreht 1982 beim Unterricht in der kanadischen National Ballet School (wo sich damals auch der Ballettstudent Rex Harrington am Flamenco versuchte). Susana und ihr Mann beschreiben den Flamenco als Tanz ohne nationale Grenzen, dessen wichtigstes Element fraglos der Rhythmus ist: "Alles am Körper kann falsch sein - aber ohne Rhythmusgefühl wird man kein Flamencotänzer".
Ebenfalls publiziert in der Esslinger Zeitung und dem Reutlinger Generalanzeiger

Angela Reinhardt, tanznetz.de, 09.04.2010


Stuttgarter Nachrichten

Der mit den Füssen spricht

"Blütezeit": Flamencos en route zu Gast im Stuttgarter Theaterhaus
Die Choreografin Brigitta Luisa Merki hat die schöne Gabe uns für einen Abend lang zu Flamenco-Fans zu machen. Auch im neuen Stück "florescencia - Blütezeit", mit dem die Kompanie Flamencos en route im Stuttgarter Theaterhaus zu Gast ist, gelingt ihr das mühelos. Denn die Begegnung mit anderen Künsten und für diese Offenheit steht der Name der Schweizer Kompanie seit 25 Jahren, befreit den Flamenco vom Folklore-Klischee. Im Dialog einer Tänzerin, die leichtfüssig, modern ihrem Partner gegenübertritt, und des immer wieder auftrumpfenden Machos, der die Füsse, nicht das Herz sprechen lässt, steckt so die ganze Gefühlswelt einer Beziehung; durch Hebungen und sanfte Übergänge wird eine Annäherung möglich, die dem Flamenco allein verwehrt wäre.
Einen Garten hat sich Merki für ihre Hommage an die Mitbegründer ihrer Kompanie, die Flamenco-Legende Susana und ihren Mann, den Musiker Antonio Robledo, ausgedacht; die fahrbaren Skulpturen darin, abstrakt zwischen Mensch und Baum schwebend, wirken, als bebilderten sie ein Zitat Susanas. "Versucht Freunde der Erde und des Himmels zu sein", rät die Meisterin, als sie an der Schule des kanadischen Nationalballetts unterrichtet.
"Flamenco at 5:15" heisst der Oscar-prämierte Dokumentarfilm, der im Theaterhaus "florescencia" vorangestellt ist und dem Tanzabend einen schönen Rahmen gibt. Auch auf der Bühne ist der Flamenco oft als Kampf zwischen Leichtem und Schweren zu erleben, als emotionale Lawine, ausgelöst von einem heiteren Gitarrensolo oder einem gurrenden arabischen Wiegenlied - wobei die algerische Sängerin und Tänzerin Karima Nayt diesen Garten am schönsten zum Blühen bringt. Eine weitere Sängerin, drei Tanzpaare, zwei Gitarristen und ein Perkussionist machen "florescencia" zum Muss für Flamenco-Fans und für alle, die es für einen Abend lang werden wollen.

Andrea Kachelriess, Stuttgarter Nachrichten, 09.04.2010


Basler Zeitung

Die Aargauer Tanzcompagnie Flamencos en route im Roxy

Wie Susana im Film FLAMENCO AT 5:15 sagte: Flamenco nimmt keine Rücksicht auf Bühne und Zuschauer, sondern wird getanzt, "wenn es sein muss". Dieser Moment zündete in einem explosiven Duett der Rivalen. Eine leise, aber intensive Stimmung übertrug sich auch zwingend im sanften Tanz von vier Frauen in ihren raschelnden Röcken. Hier fühlte man sich als Zuschauer in einem magischen Kreis eingebunden. Zur intensiven Stimmigkeit trugen auch die Musiker an Gitarre und Schlagzeug bei sowie zwei exzellente Sängerinnen.

Benjamin Herzog, Basler Zeitung, 26.03.2010


Aargauer Zeitung

Wogen der Begeisterung für fantastischen Tanz

Flamencos en route - wegweisend für die Entwicklung des Flamenco-Tanzes. Tanz in höchster Perfektion, faszinierende Flamenco-Erotik. Es waren äusserst bewegende Momente an der grossen Jubiläumsgala der Tanzcompagnie Flamencos en route, die mit tosendem, nicht abbrechen wollendem Applaus und stehenden Ovationen endete. "Es war ein absolutes kulturelles Highlight", hört man von Seiten der Veranstalter ebenso wie von Seiten der Zuschauer.
Ein ganz spezieller Abend war die Gala auch für Susana und Antonio Robledo. Die beiden Künstler haben die Arbeit von Flamencos en route von Anfang an sehr stark geprägt, und so waren sie auch am Jubiläumsabend anwesend; auf Robeldos Musik trifft man auch in florescencia. Eine besondere Ehrung widerfuhr der Truppe um Brigitta Luisa Merki durch die Präsidentin des spanischen Berufstänzerverbandes, Mercedes Zuñiga aus Madrid. Für einen würdigen und stimmungsvollen Abschluss sorgte der Flamencosänger Enrique Morente.

Aargauer Zeitung, 26.10.2009


Grusswort zum Jubiläum

Liebe Brigitta, liebe Flamencos, sehr verehrte Gäste

Ein Vierteljahrhundert Flamencos en route – ein einzigartiges Jubiläum! Und der Titel der Jubiläumsproduktion könnte nicht schöner gewählt sein: Florescencia – Blütezeit. Eine Blume, nein ein ganzer Blumengarten, dessen Blütezeit nun 25 Jahre lang andauert, nie verwelkt und exakt am heutigen Tag in seiner Hochblüte erstrahlt!
Eine ganz wichtige Rolle spielte damals in der Gründungszeit die legendäre Tänzerin und Choreographin Susana zusammen mit ihrem Mann Antonio Robledo. Diese einmalige Künstlerfreundschaft und langjährige Zusammenarbeit prägte die Arbeit von Flamencos en route bis zum heutigen Tag und es ist mir eine Ehre, die beiden, Susana und Antonio Robledo, heute Abend im Publikum begrüssen zu dürfen.
Mit einer perfekten Mischung von Herzblut und Beharrlichkeit hat Brigitta und ihr Umfeld es über all die Jahre verstanden, der Tanzform des Flamencos eine ganz eigene Prägung zu geben. Das Geheimnis ihres Erfolges hat sicher mit ihrer Persönlichkeit zu tun: Sich als Künstlerin und Choreographin über eine solch lange Zeitdauer zu behaupten, ohne jegliche Patina anzusetzen, ja das Publikum immer wieder spüren zu lassen, dass ihre Truppe etwas zu sagen hat mit eindringlichen künstlerischen Mitteln und betörenden Bildern, das ist einfach grosse Klasse. Ihr Motto: 'Aufbrechen, um niemals anzukommen' gefällt mir sehr gut. Es steht typisch für die Haltung, nach Neuem zu forschen, sei es auf der Bühne oder in der Vermittlung mit ihrem Publikum. Sie hat es verstanden, beste Tänzerinnen und Tänzer für ihre Produktionen zu gewinnen, und was mich als Musikerin besonders freut ist, dass auch musikalisch immer wieder nach neuen Wegen gesucht wurde und ich in den letzten Jahren Bühnenbekanntschaft mit hochspannenden Musikern machen durfte.
Im Namen des Aargauer Kuratoriums wünsche ich dir Brigitta, deinem Mann Pit Hartmeier sowie der ganzen Truppe auch in Zukunft viel Erfolg und künstlerische Genugtuung, Durchhaltewillen und den Mut zur Konsequenz, euch weiterhin mit überraschenden, kreativen und hochstehenden Programmen in der nicht einfacher werdenden Kulturlandschaft zu behaupten. Ich gratuliere euch ganz herzlich zu diesem Jubiläum und verbinde meine besten Wünsche für eine blühende Zukunft von Flamencos en route mit einem abschliessenden Zitat des andalusischen Schriftstellers Federico Garcia Lorca, das auch die ganze Ambivalenz der künstlerischen Tätigkeit aufzeigt:
'Theater ist Poesie, die aus dem Buch steigt und menschlich wird, wobei sie spricht und schreit, weint und verzweifelt.'
Danke Brigitta!

Irene Näf-Kuhn, Präsidentin Aargauer Kuratorium, Grusswort zum Jubiläum, 25.10.2009


Regional, Brugg

Beeindruckend sind die beiden Frauenstimmen, die in einen faszinierenden Dialog treten. Und natürlich der Tanz!... Eine Centaura bringt eine Fantasiewelt zum Ausdruck, der man sich nicht entziehen kann. Eine dichte, enorm anspruchsvolle, alle Sinne anregende Produktion.

Ernst Rothenbach, Regional, Brugg, 22.10.2009


Sonntag

In den Gärten der Fantasie

Die Tanzcompagnie Flamencos en route feiert mit 'FlorEscencia' ihren 25. Geburtstag
Brigitta Luisa Merki und ihre Compagnie Flamencos en route bezaubern mit einem neuen getanzten Bilderbogen, in dem sich Tradition und Zeitgenössisches ineinanderranken wie Fantasieblüten. Am 25. Oktober feiert die Truppe in Baden ihren 25. Geburtstag.
Verführung ist das richtige Wort, um die Arbeit der Compagnie Flamencos en route und auch ihre neuste Produktion FlorEscencia zu umschreiben. Verführung zum Sehen und Staunen, zur Hingabe an Musik, Gesang und an die Bildkraft des Tanzes.
Als im ersten Bild 'el jardín oscuro' die Sängerin Nieves Díaz allein auf der Bühne klagend und beschwörend ihre Stimme erhob, ergriff einen bei der Premiere in Winterthur Schauder. Die Flamencosängerin wechselt mit ihrer Naturstimme gekonnt von leisen eindringlichen Tönen zum lauten schmerzvollen Ausdruck. Hier ist sie Solistin, später oft Begleiterin, gegenüber von sechs Tänzerinnen und Tänzern, drei Musikern und der anderen Sängerin, Karima Nayt. Grossen Anteil an der Wirkung hat das Licht: Veit Kälin inszeniert mit farbigen Effekten wechselvolle Spannung.
In sieben Stationen führt die Choreografin Brigitta Luisa Merki durch verschiedene Gärten der Fantasie. Jahreszeiten und Stimmungen, das Thema Blühen und Verblühen – wie es der Titel FlorEscencia andeutet – bilden das lockere Gerüst des Abends. Ihre Arbeit sei ein prozesshaftes Weiterentwickeln von Themen und Elementen aus der spanischen Tradition. Vor allem sucht und erprobt sie neue Elemente und Formen. Wenn beispielsweise Karima Nayt im Teil 'Dúo de amor' barfuss tanzt, dann ist das weit weg von traditionellem Flamenco. Überraschend ist aber auch, wie in 'Nanas y Gritos' die vier Tänzerinnen den raschelnden Stoff ihrer Gewänder als Klangelement nutzen, wie sie die Röcke rau und rhythmisch über den Boden schleifen, sie knisternd falten oder in lang gezogenen Kaskadentönen schlagen.
Zum Hören kommt das Sehen: Die Tänzerinnen erscheinen von den pflanzenhaften Skulpturen der Bildhauerin Gillian White mal wie sanfte Elfen, mal als Rächerinnen oder schutzsuchende Wesen, die sich verpuppen und wieder aus ihren Kokons winden. Die Kostüme hat, wie seit Jahren schon, Carmen Perez Mateos entworfen. Sanft fliessende Gewänder, weit ausholende Gesten, ausladende Bilder und spannende Gruppenwechsel zwischen den drei Frauen und den zwei Männern zeichnen 'la primera'. Diesen Teil hat der Tänzer Eloy Aguilar choreografiert – er liefert hier ein gelungenes Debüt. Aber was wäre Flamenco ohne das kräftige männliche Element, ohne den stolz auftretenden Macho? Eloy Aguilar und José Manuel Polonio verkörpern ihn in 'Por Soleá' beispielhaft. Man fürchtet dabei um den Boden unter ihren Füssen. Die Interpretation in 'Centaura y Flamenca' wird hervorragend getanzt von Raquel Lamadrid.
Zur Tradition der Truppe gehört Musik von Antonio Robledo. Als Vorspiel ist die Uraufführung des Klavierstücks 'Danza Iberia' zu hören und Musik von ihm begleitet ab Band das erste Tanzstück. Der Komponist und seine Frau Susana, Choreografin und künstlerische Leiterin, prägten die Anfänge von Flamencos en route. Brigitta Luisa Merki widmet ihnen ihre Jubiläumsproduktion.

Sabine Altorfer, Sonntag, 11.10.2009


Neue Zürcher Zeitung

Blumenstrauss

25 Jahre Flamencos en route: In ihrer Jubiläumsproduktion 'florescencia' führt Brigitta Luisa Merki deutlich vor Augen, wie vielseitig und innovativ sich die Choreografin den Flamenco gefügig gemacht hat, ohne ihn jemals zu verleugnen. Quer durch alle Widerstände hindurch gelang es der Schweizerin, den folkloristischen Fiesta-Flamenco der spanischen Hinterhöfe zu einer Bühnenkunst zu emanzipieren, die weder dem Kitsch noch der starren Tradition zum Opfer fiel und die doch ihrer Mutterkunst die Treue hielt.

Sabine Schulthess, Neue Zürcher Zeitung, 26.09.2009


Der Landbote

Geheimnisvolle Begegnungen

Unter dem Titel 'florescencia - Blütezeit' tanzt die Tanzcompagnie Flamencos en route in einem imaginären Garten magisch wirkende Erinnerungsbilder und Zukunftsvisionen und feiert damit ihr 25-jähriges Bestehen.
'florescencia' ist eine Hommage an Susana und Antonio Robledo. Und Brigitta Luisa Merki, die Flamencos en route gründete und seit 1994 leitet, freute sich an der Premiere besonders über die Anwesenheit der legendären Tänzerin und Choreografin und des Pianisten und Komponisten. Die beiden hatten nach der Gründung der Tanzcompagnie während eines Jahrzehnts gemeinsam die künstlerische Leitung inne und legten die Basis für das Gedeihen und Aufblühen von neuen Formen des darstellenden, dramatischen Tanzes, die aus der Folklore heraus gestaltet und in verschiedene Richtungen weiterentwickelt wurden und werden.
Die innovative Verwendung der überlieferten Elemente von Flamenco und Spanischtanz betrifft Tanz und Musik gleichermassen. Und wie das überlieferte Volksgut in einen hochstilisierten, künstlerischen Ausdruck überführt wird, konnte das Publikum schon zu Beginn des Jubiläumsprogramms exemplarisch miterleben. Vilja Poskute und Tomas Daukantas spielten mit grossem Erfolg die Uraufführung von Antonio Robledos erst vor drei Monaten fertiggestellten Suite 'Danza Iberia' für Klavier zu vier Händen. Die Rhythmen schienen dem Pianisten-Duo in die Körper zu fahren. So entstand eine überaus tänzerische Musikinterpretation, die dem nachfolgenden Tanzwerk genau entspricht.
Denn Musik und Tanz sind in allen Szenen von 'florescencia' sehr eng miteinander verbunden und inspirieren sich gegenseitig. In 'El jardín oscuro' ist es der spanische Gesang von Nieves Díaz, der Brigitta Luisa Merkis Bewegungskomposition in Gang setzt. In 'La primera' reagiert der Choreograf Eloy Aguilar direkt auf Antonio Robledos Musik, während in 'Por Soleá' der Männertanz zunächst die Gitarristen Juan Gomez und Pablo Garcia und den Perkussionisten Karo Sampela herausfordert, woraus ein aufs äusserste gespannter Dialog zwischen Tanzen und Musizieren und Singen entbrennt. Besonders eindringlich wirken 'Nanas y Gritos' und 'Dúo de amor', da hier der arabische Gesang von Karima Nayt die Atmosphäre und den Tanz bestimmt und sich die aussergewöhnlich vielseitige Künstlerin zudem mit modernem Tanz in den Flamenco einmischt und faszinierende Akzente setzt.
Die Szenenfolge von 'florescencia' spielt in einem nächtlichen Garten. Dabei sind die steil aufragenden, abstrakten Skulpturen der Eisenplastikerin Gillian White verstellbar und beweglich und werden zu wechselnden Landschaftsformen zusammengefügt. Schnell verwandelt sich ein lockerer Baumbestand zu einem Dickicht oder eine Allee zu einem offenen Raum am Waldrand. So entsteht auf der Bühne immer wieder anders ein künstlich-naturhaftes Umfeld für geheimnisvolle Begegnungen und Selbsterfahrungen.
Kleine Gruppen, ein Paar oder Einzelne in berückend schönen Kostümen von Carmen Perez Mateos tauchen aus dem Dunklen auf und treten ins strahlende, die Körper und Bewegungen deutlich herausmodellierende Licht von Veit Kälin. Die meisten Figuren und Vorgänge und viele Bewegungskombinationen und Raumkonstellationen spielen auf frühere Stücke an. Doch nie entsteht der Eindruck einer Collage von bekannten Ausschnitten. Es kommen einem vielmehr ähnliche, mehr oder weniger veränderte Bilder in den Sinn, die jetzt durch die Erinnerung verstärkt eine besondere Magie entfalten.
Und besonders ziehen die Tänzerinnen und Tänzer das Publikum in ihren Bann. Denn Carmen Iglesias, Raquel Lamadrid, Marta Roverato, Karima Nayt, Eloy Aguilar, José Merino und José Manuel Polonio setzen ihre überragende tanztechnische Meisterschaft ein, um Gefühle und Gemütszustände darzustellen und von Beziehungen und Erfahrungen zu erzählen. Sie erwecken Bewunderung für ihre perfekte Formgebung und berühren durch ihren Ausdruck, der unmittelbar nachzuempfinden ist.

Ursula Pellaton, Der Landbote, 26.09.2009